Am Ende einer längeren Reise durch Großbritannien trafen wir Gordon in London. Gordon hatte einige Jahre als Banker in Frankfurt gearbeitet. In dieser Zeit hatte gordon uns mehrfach zu Intensivkursen Deutsch in Meersburg besucht. Jetzt war er wieder zurück in der Heimat. Wir trafen uns in einer dieser wunderbaren wine bars in der City.

Wir tauschten Erfahrungen und Eindrücke aus. Gordon schwärmte vom schnellen Fahren auf deutschen Autobahnen. Dann fragte er, was uns in Großbritannien besonders aufgefallen sei.

Meine Antwort: „Ihr habt hier so viele ‚roundabouts‘, während wir in Deutschland meistens Kreuzungen mit Ampeln haben. Hast du eine Erklärung, warum das so ist?“

Gordon lächelte. „Do you really want to know?“

„Natürlich. Deshalb frage ich ja.“

„You Germans want to be told what to do.“

Es war klar, was er meinte. An der Ampelkreuzung befreit uns die Technik von Verantwortung. Sie nimmt uns aber auch die Freiheit, verantwortlich zu handeln. Genau umgekehrt ist es im Kreisverkehr. Er gibt uns Freiheit, bürdet uns aber auch die Verantwortung für unser Handeln auf.

Später unterhielt ich mich mit meiner Partnerin Anka über dieses Gespräch. Ich hatte eine Idee. Das mit dem Kreisverkehr und den Kreuzungen könnte als Modell für ein Buch über Unterschiede zwischen der britischen und der deutschen Managementkultur taugen. Leider habe ich die Idee nicht weiterverfolgt.

Zwei Jahre später fand ich in einer Frankfurter Buchhandlung ein Buch mit dem Titel ‚Crossroads and Roundabouts‘. Da hatte also jemand nicht nur eine Idee gehabt wie ich. Er hatte sie umgesetzt.

Wenn ich jetzt hinzufüge, dass ich diese Umsetzung nicht für besonders gelungen hielt, könnte man mich für einen schlechten Verlierer halten. OK.

Die gute Nachricht zum Schluss: Seit diesem Erlebnis vor einigen Jahren sind in Deutschland unzählige Ampelkreuzungen zu Kreisverkehren umgebaut worden.

Vielleicht lässt das auch auf Veränderungen in der deutschen Managementkultur hoffen.